2. Zukunftstag Destinationen: Reisen mit Corona – das Aus für nachhaltige Mobilität?

Freitag, 08. Mai 2020

Reisen mit Corona – Stehen wir vor dem Ende der nachhaltigen (Tourismus-)Mobilität? Diese Frage stellten wir uns gemeinsam mit Tourismuszukunft und verschiedenen Fachexpert*innen am Montag in einer virtuellen Diskussionsrunde im Rahmen des 2. Zukunftstages für Destinationen. Hier fassen wir die wesentlichen Erkenntnisse kompakt für Sie zusammen.

dwif: 2. Zukunftstag für Destinationen: Unser Rückblick
Eine Zusammenfassung!

Beim 2. Zukunftstag für Destinationen von Tourismuszukunft stand für uns das Thema nachhaltige (Tourismus-)Mobilität ganz oben auf der Agenda. Denn: Die Anreise in die Destinationen aber auch die Mobilität vor Ort wird sich durch Corona zumindest kurzfristig verändern. Wie ökologisch und ökonomisch nachhaltig der sich abzeichnende Wandel ist und wie wir die Verkehrswende dennoch aktiv gestalten können, haben wir mit Vertreter*innen aus der Mobilitätsforschung, von Verkehrsträgern, der Regionalentwicklung sowie Destinationen diskutiert.

 

Nachhaltige Tourismusmobilität – ein Megatrend vor und nach Corona

Die Moderation der Diskussionsrunde übernahmen unsere Mobilitätsexpertin Dr. Andrea Möller gemeinsam mit Florian Bauhuber von Tourismuszukunft. Gleich zu Beginn gab es – nach bester dwif-Manier – eine kurze fachliche Einordnung des Themas mit Zahlen und Fakten aus unserer umfangreichen Datenwelt zum Thema Tourismusmobilität, die auch die Brisanz nochmals verdeutlichen. So kommen 75 Prozent aller klimaschädlichen Emissionen im Tourismus aus dem Anreise und Vor-Ort-Verkehr. Ein Umsteuern bei der touristischen Mobilität ist also die Stellschraube für mehr Klimaschutz im Tourismus.

Und nicht nur das: Nachhaltige Mobilitätskonzepte, die Gäste auf Busse und Bahnen lenken, stärken den ÖPNV in ländlichen Gebieten und erhöhen damit die Lebensqualität für die Einwohner*innen. Reisende selbst erwarten heute immer öfter auch bequeme Mobilitätslösungen, die sie mittlerweile aus vielen Destinationen gewohnt sind und genießen es, den eigenen PKW zumindest vorübergehend stehen lassen zu können. Dafür sind sie bereit, die Kosten durch höhere Übernachtungsbeiträge mitzutragen.

 

Corona als Schub für den Individualverkehr?

Doch jetzt schränkt die Pandemie gerade das gravierend ein, was für den seit Jahrzehnten wachsenden Tourismus wesentliche Grundlage ist: die uneingeschränkte Mobilität an nahezu jeden Ort dieser Erde. Und alle derzeitigen Einschätzungen für die Recovery-Phase laufen – zumindest kurzfristig – einer nachhaltigen Mobilität entgegen.

Denn das eigene Auto, also der motorisierte Individualverkehr, wird aus Angst vor Ansteckung sowie reduzierten Kapazitäten und Taktungen bei Bus und Bahn in naher Zukunft den Tages- und Übernachtungstourismus wohl noch stärker dominieren als vor der Krise. Darin waren sich alle Diskutant*innen einig. Ebenso unisono wurde jedoch eine – mindestens mittelfristige – Rückkehr zum bereits eingeschlagenen Weg prognostiziert: Weg vom PKW hin zum Umweltverbund und neuen, vernetzten Mobilitätsansätzen wie z.B. dem autonomen Fahren.

Dieser Entwicklungspfad, so die einhellige Meinung aller anwesenden Expert*innen, sei nicht mehr umkehrbar, auch nicht durch Corona. Zumal die Krise die Notwendigkeit des Umwelt- und Klimaschutzes perspektivisch sogar befeuern könnte. So konnte insbesondere Prof. Dr. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung mit seinen Zahlen und Erkenntnissen zum Mobilitätsverhalten und den Einstellungen der zunehmend verstädterten Bevölkerung Mut für eine erfolgreiche Verkehrswende machen.

Alle, auch die aktuellen Umfragen stützen Trends in Richtung Nachhaltigkeit vom sinkenden Fernflugaufkommen über wachsenden Radverkehr hin bis zu immer mehr Haushalten ohne PKW. Selbst bei älteren Zielgruppen stellen die Sozialforscher in Modellprojekten eine große Offenheit gegenüber neuen, beispielsweise autonomen Fahrtangeboten fest.

 

Hier geht's zum kompletten Video der Diskussion

TZ Zukunftstag Destinationen dwif Mobilitt Video

 

Recovery-Phase mit großen Chancen für den öffentlichen Verkehr

Insbesondere die Bahn hält auch in der Krise bereits dagegen, indem 80 bis 85 Prozent aller Verbindungen derzeit im gewohnten Takt aufrechterhalten, Hygienekonzepte angepasst und Zugkapazitäten für mehr Abstandswahrung aufgestockt werden, wie Dr. Thomas Kemper vom DB Fernverkehr aufzeigte. Der Deutschlandtourismus bekommt durch Corona bei allen derzeitigen Einbußen seiner Einschätzung nach auch eine einmalige Chance sich angesichts fehlender Auslandsziele von seiner besten Seite zu präsentieren und neue Gästegruppen für sich zu gewinnen.

Auch Hansjörg Mair, Schwarzwald Tourismus GmbH, sieht als Destinationenvertreter eine Chance für die Inlandsziele sowie Bahnanreise und öffentliche Vor-Ort-Mobilität auch weiterhin als unverzichtbare Bausteine gerade für attraktive Naturreiseziele. Zwar hat das Thema Mobilität angesichts der Krise gerade nicht die oberste Priorität, mit der KONUS-Karte ist die Region selbst aber gut aufgestellt.

Gemeinsam mit den Tourismusorganisationen plant die Bahn für 2020 eine große Kampagne für den nahen Urlaub in Deutschland, bei dem nicht nur die Top-Destinationen, sondern auch weniger bekannte Ziele im Fokus stehen. Denn die Frage, wie die große Nachfrage nach Inlandsurlaub und Naherholung verträglich gelenkt werden kann, bleibt. So parkten derzeit Städter angesichts geschlossener Parkplätze in den Naherholungsräumen vielfach Wendeschleifen öffentlicher Busverkehre zu, wie Michael Frömming vom Verkehrsverband Süd-Niedersachsen aus dem Harz berichtete. Ein Bild, dass viele großstadtnahe Tourismusregionen auch schon vor Corona an Toptagen in Ferienzeiten und Wochenenden kannten und für das noch immer vielfach überzeugende Lösungen fehlen.

 

Ausweitung und bessere Vernetzung bis in die letzte Meile gefragt

Frömming, im Harz für das HATIX-Ticket zuständig, hatte weitere sorgenvolle Information im Gepäck. So hat Corona die zu Beginn des Jahres bravourös gestartete HATIX-Ausweitung vom Ost- auf den Westharz jäh ausgebremst und alle Anfangserfolge zunichte gemacht. Sorge für die Zukunft bereiten vor allem die privaten Busunternehmen, denen das Gruppengeschäft vollkommen weggebrochen ist. Sie sind neben den kommunalen Verkehrsträgern jedoch wichtige Partner*innen um das Gesamtangebot an Mobilität vor Ort darstellen zu können und bedürfen dringender Hilfen.

So gehen dem Nahverkehr derzeit in großem Umfang finanzielle Mittel verloren. Der Auftrag, die Verkehrswende aktiv voranzubringen, rückt damit vorerst stärker in den Hintergrund.

Allerdings wird es mit wieder zunehmendem Ausflugsverkehr auch für die Verkehrsunternehmen und -verbünde wieder wichtiger, sich mit der Verbesserung der touristischen Mobilität – im Fern- und Nahverkehr – zu beschäftigen. Und dabei steht fest: Die Probleme und Herausforderungen sind auch nach Corona nicht verschwunden. Es braucht auch weiterhin eine bessere Vernetzung aller Beteiligten – bei derart verschiedenen Stakeholdern aus öffentlichem wie privatem Verkehr, Tourismusorganisationen und Leistungsträgern eine Herkulesaufgabe, schon vor Corona.

Die Frage, wer diesen Prozess begleiten und moderieren kann, stellt sich nach wie vor. Gerade die lückenlose Anbindung bis in die letzte Meile wird darüber entscheiden, auf welches Verkehrsmittel die Wahl fällt, wenn Hygiene- und Sicherheitsargumente wieder an Bedeutung verlieren.

Für uns steht fest: Das System touristische Mobilität bleibt weiter in Bewegung, eine Rolle rückwärts in Richtung PKW ist dauerhaft nicht zu befürchten.

Wir bleiben für Sie am Ball und begleiten Sie gerne in Fragen rund um die nachhaltige Tourismusmobilität.

 


 

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