Der Blick zurück und nach vorne zugleich
Im letzten Jahr haben wir uns im Sparkassen-Tourismusbarometer mit der Frage beschäftigt, wie die Tourismusunternehmen und -organisationen auf die disruptiven, immer rascheren, komplexeren und stärker werdenden Veränderungen im Markt (Stichworte Digitalisierung, Reiseverhalten etc.) einerseits sowie in der Arbeitswelt andererseits (Stichworte Work-Life-Balance, Arbeitsweisen, Erwartungen an Führung etc.) reagieren müssen, um marktfähig und damit erfolgreich zu bleiben.
Die Antwort hieß: sie müssen agiler, flexibler werden, und zwar sowohl in ihren inneren Unternehmens- bzw. Organisationsstrukturen als auch nach außen gegenüber Kund*innen, Partner*innen etc. Fazit war: Wir müssen uns für eine Welt des ständigen Wandels rüsten – für einen permanenten Change als Daueraufgabe.
Harte Landung im Jetzt
Seit nunmehr zwölf Monaten beherrscht die Corona-Pandemie Gesellschaft und Wirtschaft, weltweit. Es ist eine Zeit der Ungewissheit, des Entbehrens, aber auch neuer Aufgaben und der Möglichkeiten für Veränderungen. Die Corona-Pandemie hat die Frage nach der Marktfähigkeit innerhalb kürzester Zeit radikal verschärft. Jetzt geht es nicht mehr nur um Anpassung, sondern plötzlich um die Existenzfrage:
Wie schaffen es Tourismuswirtschaft und Tourismusorganisationen, diese Krise zu überstehen? Sind sie dabei (ausschließlich) ausgeliefert und abhängig von den staatlichen Regulierungen aus Lockdown- und Öffnungszyklen, von Impfverfahren und -quoten, Überbrückungshilfen, Krediten etc., oder sind und bleiben sie selbst handlungsfähig? Was können wir derzeit aus Zahlen, Gesprächen und Befragungen in der Branche, aus Trends in der Gesellschaft und beim Reiseverhalten herauslesen, um die Krise akut zu bewältigen? Was sind wichtige Erfolgsfaktoren, die Ihnen als Akteur*innen im Tourismus Orientierung geben?
Genau diesen Fragen zu den akuten Folgen der Corona-Pandemie widmete sich das 24. OSV-Tourismusforum im Rahmen des Pre-Openings der digitalen Internationalen Tourismusbörse.
Die Ergebnisse präsentierten Lars Bengsch und Karsten Heinsohn auch in diesem Jahr virtuell: Spannende Fakten und nutzenstiftende Tipps als Video für Sie und Ihr Team. Und für alle, die gerne nachlesen, haben wir die wesentlichen Fakten hier noch einmal kurz & knackig zusammengefasst.
Noch mehr Fotos der Veranstaltung finden Sie hier.
Aktuelle Fakten zum Ostdeutschland-Tourismus
Tourismusbranche leidet unter Pandemie: Hohe Umsatzausfälle
Zwischen März und Dezember 2020 beklagen die ostdeutschen Destinationen einen Umsatzausfall von 7,2 Mrd. Euro. Der Tages- und der Übernachtungstourismus sind davon insgesamt fast gleichermaßen betroffen. In einem Normaljahr besuchen annähernd 500 Mio. Tagesgäste die neuen Länder, 2020 waren es mit 420 Mio. rund 14 Prozent weniger, bundesweit betrug der Rückgang sogar 19,1 Prozent.
Auch die ostdeutsche Freizeitwirtschaft büßte mit einem Rückgang von 39 Prozent weniger ein als bundesweit (41 Prozent). Erwartungsgemäß mussten Indoor-Einrichtungen wie Bäder/Thermen und Museen größere Einbußen hinnehmen als Outdoor-Angebote wie Zoos. Mehr über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Deutschland-Tourismus erfahren Sie in unserem dwif-Corona-Kompass.

2020 gibt es keine „Krisen-Gewinner“ im Deutschland-Tourismus
Ostdeutschland verzeichnete im vergangenen Jahr 64,1 Mio. Übernachtungen, 29 Prozent weniger als 2019 und so wenig wie 2005. Deutschlandweit betrug der Rückgang sogar 39 Prozent.
- Mecklenburg-Vorpommern zählte 2020 mit 27,8 Mio. Übernachtungen, 18,6 Prozent weniger als 2019
- in Brandenburg sank die Nachfrage 2020 um 27,5 Prozent (ggü. 2019) auf 10,1 Mio. Übernachtungen
- in Sachsen-Anhalt gingen die Übernachtungen um 30,9 Prozent (ggü. 2019) auf rund 6 Mio. Übernachtungen zurück
- Sachsen zählte 2020 13,5 Millionen Übernachtungen (- 34,9 Prozent ggü. 2019)
- Thüringen verzeichnete 2020 ein Minus von 35,3 Prozent Übernachtungen (ggü. 2019) und kam somit auf 6,7 Mio. Übernachtungen
Fest steht: 2020 gibt es keine "Krisen-Gewinner" im Deutschland-Tourismus. Allerdings sind einige Destinationen weniger stark betroffen. Unter den bundesweit zehn Destinationen mit den geringsten Rückgängen liegen allein sieben in Ostdeutschland, vom Lausitzer Seenland (-7,2 Prozent) und der Mecklenburgischen Schweiz und Seenplatte (-11,1 Prozent) über die Sächsische Schweiz (-13,9 Prozent), die Prignitz (-15,4 Prozent) und Westmecklenburg (-19,3 Prozent) bis nach Rügen/Hiddensee (-16,2 Prozent) und Vorpommern (-19,9 Prozent).
Behutsame Rückkehr zur Normalität in 2021
Auch der Neustart wird unterschiedlich intensiv verlaufen: Anbieter von Outdoor-Aktivitäten profitieren so lange überdurchschnittlich stark, wie Restriktionen wirken. Gastronomie und Shopping dürfen auf eine rasche Regeneration hoffen. Sehenswürdigkeiten und Kulturangebote müssen sich auf eine langsame Regeneration einstellen. Veranstaltungen werden auch nach dem Neustart noch über Monate hinweg unterdurchschnittlich besucht werden.
Fokusthema Steuerung in der Krise
Vier Herausforderungen & sechs Erfolgsfaktoren für touristische Betriebe
Für die Betriebe ist es ein ständiges Auf und Ab zwischen Panik und Entspannung, Frust und Optimismus. Sie haben sich präventiv um Kredite bemüht, Investitionen geplant und zumindest in den Ferienregionen von hoher Nachfrage im Sommer profitiert. Mit dem anhaltenden zweiten Lockdown steigt die Verunsicherung wieder.
Neben neuen, existenziellen Herausforderungen hat die Corona-Pandemie schon vorhandene Entwicklungen beschleunigt und verstärkt. Hygienestandards zum Beispiel, Digitalisierung oder Employer Branding. Themen wie Nachhaltigkeit, Erlebnisorientierung und Qualitätsansprüche sind nach wie vor relevant, aber ohne Wachstumsschub durch Corona.
Die Online-Befragungen im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers zeigen die größten Hürden, vor denen die gastgewerblichen und freizeittouristischen Betriebe aktuell stehen:
- Planungsunsicherheit: Im Durchschnitt hatten die Betriebe im Jahr 2020 rund 100 Tage geschlossen, an fast genauso vielen durften sie nur mit Einschränkungen öffnen. Das bedeutet: Im vergangenen Jahr blieben nur rund 6 Monate, um den gesamten Jahresumsatz zu erwirtschaften.
- Liquiditätssicherung: Schrumpfende Reserven, Nachfragerückgänge und zusätzliche Kosten für Hygienekonzepte bzw. Corona-bedingte Einschränkungen leeren die Kassen.
- Fachkräftebindung: Fast 6 von 10 Betrieben erwarten Abwanderungen von Mitarbeitenden aus dem Gastgewerbe in andere Branchen.
- Qualitätssicherung: Krisenbedingt fehlen in vielen Betrieben in den nächsten Jahren Mittel für Investitionen.
Was können Betriebe tun? Das Sparkassen-Tourismusbarometer definiert sechs entscheidende Erfolgsfaktoren. Lesen Sie mehr in unserer Management Summary!
Was die DMOs bewegt
Die Corona-Pandemie verändert die Aufgabenschwerpunkte der Tourismusorganisationen in Ostdeutschland. Vor allem die Digitalisierung hat deutlich an Bedeutung gewonnen, und dieser Effekt hat sich seit Beginn der Pandemie nochmals verstärkt. Darüber hinaus zeigt die Befragung der Organisationen, dass auch die Rolle des Innenmarketings stark gewachsen ist.
Dies betrifft die Kommunikation sowohl mit den Leistungsträger*innen als auch mit öffentlichen Stellen wie Behörden oder Kommunen. Rund die Hälfte der ostdeutschen Tourismusorganisationen gibt zudem an, dass die Erhöhung der Attraktivität ihrer bestehenden Infrastruktur wichtiger geworden ist. Und auch das Innovationsmanagement hat aus ihrer Sicht an Bedeutung gewonnen.
Krisen können auch Chancen bieten: Neue Aktivitäten im Fokus
Trotz der nicht zu übersehenden negativen Auswirkungen erkennen die Tourismusorganisationen in der aktuellen Krise auch positive Effekte auf ihre eigene Organisation. Sie konnten in dieser Situation einerseits diverse Arbeiten im Hintergrund erledigen und sich auf die neue Saison vorbereiten. Andererseits bestand durch diesen abrupten Stopp in der täglichen Arbeitsroutine die Chance, bisherige Arbeitsweisen und bewährte Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen.
Einen deutlichen Schub gab es dagegen für die (interne und externe) Digitalisierung der Organisationen. Und statt einer Präsenzpflicht im Büro ermöglichen sie vielfach auch künftig flexible Arbeitszeitmodelle mit digitalem und mobilem Arbeiten.
Damit die Tourismusorganisationen und Destinationen auch in besonders herausfordernden Situationen bestehen und erfolgreich handeln können, definiert das Sparkassen-Tourismusbarometer drei zentrale Erfolgsfaktoren. Welche das sind, erfahren Sie in unserer Management Summary.
Und wie geht es nun weiter?
In diesen besonderen Zeiten ist es mehr denn je entscheidend, flexibel und rasch auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren – das gilt auch oder gerade für das Sparkassen-Tourismusbarometer:
- Die ersten Ergebnisse im Rahmen des heutigen Pre-Openings der ITB 2021 stellten deshalb die akute Krisenbewältigung in den Mittelpunkt.
- Im Jahresbericht 2021 (erscheint Ende Juni 2021) und den Veranstaltungen vor Ort werden wir den Blick auf weitere wichtige Aspekte lenken. Zentrale Stichworte dabei: Stabilisierung, Innovation und Resilienz.
Notieren Sie sich deshalb schon jetzt die Termine für die regionalen Ergebnisse
- 26. August 2021 für Mecklenburg-Vorpommern
- 08. September 2021 für Sachsen
- 21. September 2021 für Sachsen-Anhalt
- 06. Oktober 2021 für Brandenburg
Aktuelle Infos rund um das Sparkassen-Tourismusbarometer lesen Sie immer hier und natürlich in unseren News. Wenn Sie Fragen zum diesjährigen Sparkassen-Tourismusbarometer haben, stehen Ihnen Lars Bengsch und Karsten Heinsohn jederzeit sehr gerne für einen Austausch zur Verfügung. Fast genau so, wie sie es auch sonst im Foyer des ITB-CityCube getan hätten...
Mehr erfahren! Downlad der Management Summary 2021
Weitere Hintergrundinformationen rund um Facts & Figures, den touristischen Arbeitsmarkt, die Gastronomie, die Freizeitwirtschaft, die Qualitätsentwicklung in Ostdeutschland sowie natürlich umfangreiche Einblicke in unser aktuelles Branchenthema können Sie noch einmal in Ruhe in unserer Management Summary nachlesen.
Das interessiert mich!
dwif-Impulse: Unser neues Online-Format startet!
Wir möchten unser Wissen teilen und gemeinsam mit Ihnen Tourismus neu denken. Unser frischgebackenes Online-Format "dwif-Impulse" bietet regelmäßig spannende Gelegenheiten, um sich virtuell zu den Themen auszutauschen, die uns in der Tourismusbranche bewegen. Sehen wir uns?
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