Bereits im Herbst 2019 fiel der Startschuss für das Projekt „Nachhaltiger Tourismus in Biosphärenreservaten (BR): Synergien zwischen Schutzgebietsstrategien und regionaler Entwicklung“, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.
In vier Fallstudien widmen wir uns aktuell im Projektteam den komplexen Themen „Wertschöpfungsketten“, „Zahlungsbereitschaft“ und „Kooperationsstrukturen“. Im September 2022 sollen ein entsprechender Leitfaden und der Projektbericht veröffentlicht werden.
Nach dem Startschuss im Herbst 2019 arbeiteten unsere Kolleg*innen Dr. Bernhard Harrer, Dr. Andrea Möller und Markus Kantsperger mit dem BfN sowie den Gebietsvertreter*innen zunächst an einem gemeinsamen Begriffsverständnis des nachhaltigen Tourismus speziell in Biosphärenreservaten und der Konkretisierung des Untersuchungsansatzes.
Denn für eine Analyse nachhaltiger Regionalentwicklungsansätze durch Tourismus standen viele Anknüpfungspunkte im Raum: Von nachhaltiger Anreise und Mobilität, Aktivitäten oder Erlebnissen in der Natur, regional sowie nachhaltig erzeugter Kulinarik bis hin zur umweltgerechten Betriebsführung touristischer BR-Partnerschaftsbetriebe.
Natürlich können und sollen auch die CO2-reduzierte Anreise oder das umweltgerechte Management eines Gasthofs zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in BR beitragen. Der hier gewählte Untersuchungsgegenstand ist trotz der vielen Möglichkeiten aber stärker an der BR-Spezifik ausgerichtet.
Ausgehend vom Leitbild der Biosphäre wird deshalb ein ressourcenbasierter Ansatz in seiner Bedeutung für nachhaltige Tourismusentwicklung fokussiert. D.h. Themen für Fallstudien wurden vorrangig in Verbindung mit den unmittelbaren und gebietstypischen natürlichen Ressourcen sowie Umweltleistungen der Biosphärenreservate gesucht. Als Basis für die Angebotsentwicklung oder Inwertsetzung sind also materielle BR-Ressourcen wie bestimmte Rohstoffe z.B. Gesteine, Holz, etc. oder natürliche Primärerzeugnisse wie Fleisch, Milch, Obst, Kräuter etc. ebenso eingeschlossen wie immaterielle Leistungen der Natur, wie die Möglichkeiten zur Tierbeobachtung, das Walderleben, inszenierte Naturwanderungen oder Veranstaltungen.
Solche Naturressourcen können damit wesentlich zum immer wichtiger werdenden Erlebnisnutzen bei Urlaub und Ausflug aus Perspektive der touristischen Endkund*innen beitragen. In Verbindung mit materiellen Erlebnisinfrastrukturen wie Naturerlebnis- und Informationszentren, Baumwipfelpfaden u.v.a.m. induzieren sie zusätzliche Wertschöpfung und bergen damit weitere Potenziale der Inwertsetzung.
Nach der Sichtung vorliegender Studien, einer kategorisierenden Betrachtung der BR-Gebiete und Gesprächen mit allen BR-Verwaltungen kristallisierten sich die Themen „Wertschöpfungsketten“, „Zahlungsbereitschaft“ und „Kooperationsstrukturen“ als gebietsübergreifend relevante Forschungsschwerpunkte heraus.
Alle Biosphärenreservate hatten nun in der Folge die Chance, Projektideen zu den genannten Forschungsschwerpunkten einzureichen. Aufhänger der Ideen waren z. B. Regionalprodukte, zeitlich begrenzte Events oder Veranstaltungen, Naturerlebnisangebote, aber auch ganzheitliche nachhaltige Tourismusangebote mit einem Projektansatz, der auf den natürlichen Ressourcen des jeweiligen Schutzgebietes gründet. Von den insgesamt zwölf eingegangenen Fallstudien wurden vier Fallstudien zur detaillierten Bearbeitung ausgewählt.
Mit Blick auf das Thema Wertschöpfungsketten wird danach gefragt, wie sich nachhaltige Tourismusprojekte auf die regionale Wertschöpfung auswirken und welche wechselseitigen Verflechtungen es mit anderen Branchen gibt.
Tourist*innen können unterschiedliche Arten der Zahlungsbereitschaft zeigen: Solche für individuell zurechenbare Erlebniswerte (z.B. eine Wattwanderung), aber auch komplex zu beschreibende, kaum zu monetarisierende Imageeffekte („Ich besuche einen Nationalpark.“) und Zahlungsbereitschaft für Schöpfungsbewahrung (Naturschutzspende) oder Förderung nachhaltiger Wirtschaftsweisen (Mehrzahlungsbereitschaft für Übernachtung in einem Klimahotel).
Entsprechend vielfältig tragen Tourist*innen zur Refinanzierung von Natur- und Umweltschutzmaßnahmen bei. Entscheidend ist für Organisationen, Anbietende und Betriebe dabei: Wie und in welchem Umfang lassen sich (freiwillige) Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Produkte, Dienstleistungen, Erlebnisnutzen sowie für Natur- und Umweltschutz bei Tourist*innen positiv aktivieren und welche Auswirkungen hat dies auf die Wertschöpfung im BR?
Diese Fragen vertiefen wir gemeinsam mit dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb am Beispiel der kürzlich eingeführten Gästekarte, der AlbCard, und wägen dabei verschiedene Optionen der Machbarkeit der Einführung einer „Umwelt-/Naturschutzabgabe“ ab.
Die Basis dafür, dass sich die aufgezeigten Synergiepotenziale zwischen Schutzgebietsstrategien und regionaler Entwicklung entfalten können, sind geeignete Kooperations- und Organisationsstrukturen sowie Trägerschaftsmodelle. Welche Kooperationsansätze und Modelle können zur Verstetigung tourismusbezogener Wertschöpfungsketten in BR-Regionen und zu einer Förderung des nachhaltigen Tourismus beitragen?
Angesichts der Vielzahl an Projekten, Kooperationsthemen und der jeweils individuellen Ausgangssituation in den Gebieten gibt es hierfür keine einfachen Antworten. Per Definitionem repräsentieren BR jeweils einmalige Lebensräume und reichen auch in touristischer Hinsicht von tradierten Tourismusregionen wie dem Südlichen Schwarzwald oder den Wattenmeergebieten über ausflugsdominierte Ziele wie die Rhön oder das Bliesgau bis zu in Gründung befindlichen BR wie dem Drömling.
Stellvertretend wird hier die Biosphäre Bliesgau in seiner Kooperation zwischen dem Biosphärenzweckverband und den touristischen Partnerorganisationen Saar-Pfalz-Touristik und Tourismus Zentrale Saarland GmbH untersucht. Von den gemeinsam gesichteten thematischen Kooperationsfeldern kristallisierte sich der Aufgabenbereich Marktforschung & Monitoring als wichtig für die Zusammenarbeit heraus, denn dies ist die Basis, Maßnahmen auf Fakten zu gründen und Erfolge zu messen.
Von der Bearbeitung individueller Themenschwerpunkte und Fallstudien profitieren nicht nur die vier ausgewählten Biosphärenreservate. Die angelegte Übertragbarkeit der Ergebnisse stellt konkrete Nutzen auch für die übrigen Biosphärenreservate sowie landschaftsbezogene Destinationen sicher.
Mit Jahresbeginn 2022 tritt das Projekt in die abschließende Phase. Zentrale Meilensteine hierbei:
Mit unserer dwif-Zukunftswerkstatt "Nachhaltige Mobilität" bringen Sie alle relevanten Stakeholder in Ihrer Destination ins Gespräch. Wir schaffen für Sie den Rahmen. Sie erhalten im Ergebnis einen „Mobilitäts-Fahrplan“ Ihrer spezifischen Handlungsfelder.