Viel diskutiert wurde und wird über die Zukunft der Tourist-Info ja schon lange. Braucht man sie künftig überhaupt noch und wenn ja, wofür? Was suchen Menschen, die über digitale Medien bereits sehr gut informiert in eine Destination reisen, in einer Tourist-Information? Welche Services werden noch gebraucht, welche eher überflüssig?
Unsere Meinung: Tourist-Informationen wird es in Zukunft sehr wohl noch geben, ihre Existenzberechtigung und ihr Selbstverständnis müssen sie aber grundlegend hinterfragen.
Ende Mai 2018 trafen sich 250 Touristiker*innen in Hamburg, um im Rahmen des Destinationcamps 2018 Visionen, Ideen und Lösungen für den Tourismus zu diskutieren. Maike Berndt vom dwif war mit dabei. Welcome Lounge, Showroom und Local Genius Bar – besonders kreativ wurde es bei der Entwicklung eines Szenarios für die Tourist-Info der Zukunft. Hier unser ganz persönlicher Rückblick.
In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung verlieren die Informationsstellen eine ihrer grundlegenden Aufgaben: Die Bereitstellung von Basisinformationen über den Ort und die Destination. Denn das erfüllen andere Medien früher und zum Teil deutlich besser. Die Gäste reisen bereits vollumfassend informiert an, wissen genau, was sie wollen und von ihrem Urlaub erwarten.
Die Tourismusorganisationen können diesen Prozess selbstverständlich unterstützen, indem sie die Digitalisierung des touristischen Angebotes vor Ort vorantreiben und dafür sorgen, dass diese Informationen auch dort ausgespielt werden, wo der Gast nach ihnen sucht – zuhause auf der Couch, mobil vor Ort, an der Hotelrezeption oder künftig immer häufiger auch über sprachgesteuerte Assistenzsysteme. Doch wozu sollte der Gast dann noch in die physische Tourist-Info vor Ort besuchen?
Dieser Frage ging eine spannende Session zum Abschluss des Destinationcamp 2018 nach. Schnell war klar: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird in einigen Jahren nicht mehr jeder Ort eine eigene Tourist-Information brauchen. Die Destination aber braucht Begegnungsräume als emotionale Markenkontaktpunkte an zentralen Orten und POIs.
Die Tourist-Info wird damit zum Flagshipstore und Schaufenster der Destinationsmarke. Wichtig dabei ist vor allem ein wesentlicher Wandel im Selbstverständnis der TI:
„Der Gast geht nicht mehr in eine Tourist-Info, weil er etwas braucht, sondern weil er etwas bekommt. Die TI wird immer mehr zum Treffpunkt und Ort der Inspiration.“
Ihre Sogwirkung entfaltet die TI damit nicht mehr durch Informationshoheit, sondern durch das Befriedigen eines viel stärkeren Bedürfnisses: Zugehörigkeit. Gäste wollen Teil der (Marken-)Community sein und die Tourist-Info macht es möglich.
Schaut man sich einmal um, wie andere starke Marken diesem Bedürfnis ihrer Community gerecht werden, kann man vieles davon auf den Tourismus übertragen. So braucht auch der Technologiekonzern Apple eigentlich keine physischen Stores, denn Apple-Kund*innen können alle denkbaren Services online abwickeln. Dennoch gibt es weltweit etwa 500 Apple-Stores, davon 15 in Deutschland.
Das Erfolgsrezept klingt so simpel wie revolutionär: Interaktion. In den Stores gibt es keine klassischen Ladenregale oder Counter. Stattdessen können Kund*innen die Produkte ausprobieren, sich mit anderen Apple-Fans austauschen oder Fachleute zu speziellen Themen befragen. Ähnlich wie ein Apple-Store könnte auch die Tourist-Info der Zukunft viel stärker ihrer Funktion als Treffpunkt, Interaktionsort und Inspirationsquelle gerecht werden.
Dazu hat Maike Berndt gemeinsam mit anderen Teilnehmer(inne)n des Destinationcamps ein innovatives Konzept entworfen, das die Gestaltung und inhaltliche Ausrichtung einer TI vor dem Hintergrund der künftigen Entwicklungen neu denkt:
Damit wird deutlich: Die Tourist-Information ist auch in Zeiten der Digitalisierung nicht überflüssig. Sie muss nur anders gedacht werden. Damit dies gelingt, braucht sie auch künftig noch gute Mitarbeiter*innen – allerdings Mitarbeiter*innen mit anderen Kompetenzen als wir sie heute noch oft in den Informationsstellen vieler Orte finden. Für den Flagshipstore der Zukunft sind begeisterte Markenbotschafter*innen gesucht, die offen und kommunikativ sind, eine hohe Produktkompetenz haben und damit auch individuelle Geheimtipps an die Gäste weitergeben können. Dafür zählt weniger die fachliche Ausbildung als vielmehr die Leidenschaft für die Destination selbst.
Wir danken den Organisatoren des Destinationcamp 2018 für die Bereitstellung dieses großartigen Events und natürlich den Teilnehmer*innen der Session, in der diese Vision einer TI der Zukunft entstanden ist.
Neben Maike Berndt waren auch Birgit Grauvogel von der Tourismus Zentrale Saarland, Anja Schuchert von der Rhön GmbH, Tilman Sobek vom Mountainbike Tourismusforum, Frank Jost von der Tourist-Information Langenargen sowie Ulrich Eckert von der HRS Destination Solutions GmbH aktiv an Erarbeitung beteiligt.
Dabei gibt es keine universelle „one fits all“-Lösung. Jede Destination ist eine eigene Welt und eine Tourist-Information sollte auf die individuellen Bedürfnisse der Gäste und der Akteur*innen vor Ort zugeschnitten sein.
ONLINE dwif-Impuls "DIE TI ALS FLAGSHIPSTORE"
Neuausrichtung als Schaufenster der Region
Damit Ihre Gäste in Zukunft gerne in Ihre Tourist-Information kommen, dort Ihre Destinations-Marke erleben und idealerweise eine tiefere Verbindung zu Ihrer Destination aufbauen, muss sich Ihre Tourist-Information zum erlebnisorientierten Schaufenster der Region weiterentwickeln. In unserem dwif-Impuls am 05. Juli 2022 haben wir Ihnen gezeigt, wie das funktionieren kann!